Backgammon (Das Doppeljahr)

„Die Große Sechs“.
Zur Herkunft und Funktion des Backgammon-Spieles.

Die klassischen Spielbretter unserer Welt waren einstmals Zählbretter. Den Begriff „Spiel“ leite ich von Spil (mhd.) ab, das ist ein Mix aus wachsen („die entstehende Zeit“), drehen („tanzen“, also den Zeitkreis unterrichten) und deklinieren (Zeitformel mitverfolgen).
Vermessen wurde die Höhe der Sonne. Aus „Wochen“ und „Monaten“ bildeten sich Mengeneinheiten, dementsprechend konnte auf diesen Tafeln bald auch gerechnet werden. Wer heute mit einem Dutzend zählt, der zählt mit den archaischen 12 Monden eines Jahres. Wie aber ist das Backgammon entstanden? Ein „halbes“ Backgammon-Brett hat sehr große Ähnlichkeit mit dem „ersten Kubus“ und mit einer Mancala-Zählleiste:

Backgammon – die Vermessung der Sonne mittels der Monde.

Aus den sechs Mulden des Mancala sind nun sechs Spitzwinkel geworden. Mit solchen Winkelketten waren Zeitenpendel und Zeitenwenden gemeint. Zählketten entstanden. Die Winkel konnte man auseinandernehmen und zusammensetzen. Auf diesem Brett ließ sich sehr übersichtlich der Mond auszählen. Backgammon wird oft mit 2 x 15 Steinen gespielt. So würde man annehmen, daß der zunehmende Mond mit den 15 weißen Steinen dekliniert wurde und der abnehmende Mond mit den 15 schwarzen Steinen. Der Mond war der „der sich selbst erschafft“ und man redete auch vom „sterbenden Mond“. Das waren poetische Umschreibungen für frühe Naturbeobachtungen. Aber dabei blieb es nicht. –
Zum Backgammon gehören Würfel, der Würfel war ein 6-Seiten-Stein, (s. Schach und Yut). Wenn man die Entwicklungsgeschichte der Steine und Bretter einbezieht, dürfte man die Zählweise auf dem Brett bald modifiziert haben: Mit dem Würfel ließen sich sechs Tage anzählen, (s. Schach). Die Backgammon-Steine gelten dann der „Woche“. Legt man für jede 6-Tages-Woche einen Stein auf einen Mondzapfen, sammeln sich jeweils 5 Steine auf ihm an. (Das Luzhangqi teilte den Mond ebenfalls in 5 x 6 Tage auf, wie wir wissen.) Mit den 15 weißen und 15 schwarzen Steinen separierte man jetzt also die Tage der „hohen Sonne“ von den Tagen der „tiefstehenden Sonne“. (Diese Halbierung konnte in jedem definierten Zeitfenster wieder aufs neue vorgenommen werden…) Somit wurden mit 3 x 5 weißen Steinen die drei Monde der hochstehenden Sonne angezählt und mit 3 x 5 schwarzen Steinen die drei Monde der tiefstehenden Sonne. – Den Würfel halte ich nicht für einen Zufallsgenerator. Sobald mit einer solchen kalenderkundlichen Zählstruktur gerechnet wurde, mußte ja auch die nächsthöhere Rechenpotenz darstellbar sein. Die Steine auf den Zählbrettern wurden sehr sorgsam gehandhabt. Wer diese Steine über die Bretter warf, um Wettervorhersagen zu machen, der gehörte ganz bestimmt nicht zu den Wissenden.

Der „Doppelmond“.
Für seinen Umlauf braucht der Mond bekanntlich 29,53 Tage. Daher ist der Mond mit 29 Tagen zu kurz bemessen, 30 Tage sind wiederum zu lang für ihn. Unsere Vorfahren dürften sich die Köpfe heiß disputiert haben.

11.-9. Jhd. v. C., Tepe Sialk, Iran.

© 2010 Musée du Louvre / Raphaël Chipault

Im mesopotamischen Raum finden sich Zählmuster, die zwei Monde zusammenzählen. Sie haben 58, 59 oder 60 Löcher. Der Doppelmond wird am Ende auf 59 Tage festgesetzt. Nach 2 x 29 Tagen wird ein Schalttag angefügt, (das indiziert auch der Zählstein aus Tepe Sialk). Mit dieser vorzüglichen Formel ist das Zähl-Problem größtenteils behoben. Daher werden die Backgammon-Spitzen auf den Brettern am Ende zweifarbig, denn der erste Mond wird mit 29 Tagen veranschlagt und der zweite Mond mit 30 Tagen.
Das kurze Mondjahr bestand ab sofort aus 6 x 59 = 354 Tagen. Man zählte dementsprechend 2 x 3 Doppelmonde und von dieser Zählweise könnte Bi-Ga-Ma sich herleiten. Bi bedeutet „2“ und Gamma steht für die „3“.*

Das „Doppeljahr“.
Alle bekannten Zeitkreise wurden in Reihe gesetzt, praktiziert. Da sie nur annähernd gültig waren, mußten sie geschalten werden. Das kurze Mondjahr beantwortete die Frage nach der Dauer des Mondumlaufes. Danach stand die Frage, um wieviele Tage das Halbjahr länger ist, als sechs Monde lang sind.
Das kurze Mondjahr zu 354 Tagen war rund einen halben Mond zu kurz. Man hing an das kurze Mondjahr einfach ein langes Mondjahr an, welches aus 13 Monden bestehen sollte und damit einen halben Mond zu lang war. Es zählte 354 + 30 = 384 Tage. Wer aber nach 2 Jahren einen Mond zuschalten will, der braucht ein 2-Jahres-Zählbrett. Das Backgammon gehört in dieses intellektuelle Umfeld, meine ich. Es wurde aus zwei „Ur-Quadraten“ gebildet. Die Alten reden in bestimmten Zusammenhängen von einer „Würfelverdopplung“.
Bis wohin man am Ende die Rechenspiele auf diesen Brettern getrieben haben kann, steht dahin. Gut gebrauchen kann dieses übersichtliche Zählbrett jeder, der die Jahresformel mit einzelnen Schalttagen optimieren will bzw. ein Doppeljahr auszählen will.

***

* Stochern im Namen: Backgammon
Sobald der Mensch Zahlen abstrahiert hatte, mußte er sie ansprechen. Nicht nur die Griechen ordneten den Zählzeichen Laute zu. Be stand für die Zwei und Ga-(Ma) für die Drei.
Be-ga könnte aus einer Zeit kommen, in der die Sonne einfach nur hoch, mittig oder tief im Himmel verortet wurde und man aber wußte, daß erst zwei Halbjahre ein Jahr geben.
2 x 3 Sonnenstufen machen 1 Jahr.
Mit der Erfindung des kurzen Mondjahres wurden nun 2 x 3 Doppelmonde abgezählt und da ist dieses Bi-Gamma wieder eine treffende Bezeichnung. –
Die Backgammon-Bretter tragen auch folgende Namen: In China werden sie Xuan-Liu, Shuanglu bzw. Swan-Liu genannt, in Japan heißen diese Muster beispielsweise Sogu-Roku. (Roku wird im Polnischen zu Jahr.) All diese Begriffe kann man übersetzen mit „die große Sechs“ oder „die doppelte Sechs“. Diese „Sechs“ wurde zu einem Synonym für den „ersten Kubus“, das Sonnenjahr, für die Zeit und die Existenz.

Stochern im Namen: As, „Jassen“.
Im „Buch der Spiele“ (Libro de los juegos, Alfonso el Sabio, 1222 – 1284) wird das Backgammon-Spiel Seis dos y aş genannt. Übersetzen läßt sich das mit „6, 2 = 1“ oder „6, 2 plus 1“. Sechs mal zwei Monde machen ein Jahr. Der „As“ ist im alten Rom eine Münze, die galt 12 Unzen. As bezeichnete eine Zähleinheit, einst war das Jahr gemeint. Aber natürlich sind alle „Ur-Formeln“ mit der Kalenderrechnung mitgewachsen: Eine „große Sechs“ (das Jahr) und noch eine „große Sechs“ (noch ein Jahr), so hätte man ein Doppeljahr zusammenzählen können (kurzes und langes Mondjahr). Auch das Doppeljahr bildete eine Zähleinheit.
Da diese Urbegriffe stets auf Ziffern anspielten und mit diesen Ziffern himmelskundliche Erkenntnisse verbunden waren, ergab sich ein gewisser interpretatorischer Spielraum. Der Zeitgeist konnte Schwerpunkte zu Gunsten neuer Erkenntnisse verschieben. Am Ende wäre auch folgende Interpretation von Seis dos y as zutreffend gewesen: Addiert werden zwei Jahre, dazu werden die Zähleinheiten aus der Epoche des „sechsgeteilten Himmels“ verwendet, und angefügt wird ein Schaltmond.
Mit dem Begriff „Jassen“ war das Deklinieren der Zeit gemeint. Unser heutiges Pokerblatt enthält vier Asse und mit derartigen Zählhilfsmitteln wurde dann mindestens der 4-Jahres-Kreis verfolgt. Jedes Jahr bestand aus 12 Monden und einem Rest, (s. Kartenspiel).
(C) 2021

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